Hausbootreise mit Kindern
Ein letztes Mal springe ich auf den Steg und vertäue das Schiff. Wir sind zurück in der Basis von Messac. Unsere Hausbootreise endet hier. Hinter uns liegen fünf wunderbare Tage auf den Flüssen und Kanälen der Bretagne und die erste Hausbootfahrt unseres Lebens.
Als ich zurück an Bord gehe, um ein paar letzte Sachen im Gepäck zu verstauen, sitzt meine Neunjährige mit großen traurigen Augen auf dem Bett in unserer Kabine. Was ist los? „Ich will nicht, dass diese Reise zu Ende geht“, erklärt sie mir. „Das war der schönste Urlaub aller Zeiten
Nun muss man dazu sagen, dass meine Kinder nicht gerade unter Urlaubsmangel leiden. Ich bin Reiseautorin. Und wann immer die Schulferien oder Feiertage es zulassen, sind meine Kinder mit dabei. 2015 starteten sie beim Skifahren in den Südtiroler Bergen ins neue Jahr, glitten in den folgenden Wochen über die Pisten und Hänge Österreichs und Deutschlands, reisten knappe drei Wochen mit uns durch Kambodscha und Vietnam, erkundeten Bangkok, Berlin und Paris, besuchten Italien und flogen für ein verlängertes Wochenende nach Dubai, bestiegen Berge und kurvten durch die Wüste, übernachteten auf einer Reisdschunke auf dem Mekong, kletterten durch die verwunschen im Dschungel liegenden Tempel von Angkor Wat, feierten den Geburtstag vom Sechsjährigen an einem einsamen Strand und segelten durch die Halong-Bucht im Südchinesischen Meer. Jedes Mal genossen sie die Reisen, freuten sich danach aber auch wieder auf zu Hause.
Tränen zum Abschied
Und nun, nach so vielen Ländern und Erlebnissen, plötzlich das erste Mal Abschiedstränen. Doch ich kann es verstehen. Auch mir wird ganz wehmütig zumute, als ich die Taschen von Bord trage. Und das liegt nicht daran, dass die letzte Reise immer die schönste ist. Die Tage auf der Royal Mystique waren etwas ganz Besonderes.
Bereits nach wenigen Stunden auf dem Schiff breitete sich über allem das Gefühl einer tiefen Entspannung aus. Die gemächlich am Boot vorbeiziehenden sattgrünen Landschaften, das gleichmäßig Plätschern des Wassers und das Brummen des Motors wirkten fast meditativ.
Schon nach kurzer Zeit hatte sich jeder seinen eigenen Platz gesucht, denn dazu bietet das gut dreizehn Meter lange Schiff mehr als ausreichend Platz. Und während die Erwachsenen am liebsten an Deck saßen und sich kaum sattsehen konnten an den malerischen Dörfern, blumengeschmückten Höfen und sanft im Wind wogenden Wiesen, waren die Kinder mal hier und mal da. Kurz halfen sie dem Vater beim Steuern, dann wieder turnten sie auf dem Vorderdeck rum, nur um gleich darauf zum Spielen im Inneren des Schiffs zu verschwinden oder Kühlschrank und Kombüse auszuräubern.
Rundreise mit Auslauf
Verglichen mit anderen Rundreiseformen liegt hierin in meinen Augen einer der größten Vorteile einer Hausbootreise. Während lange Bus- oder Autofahrten für Kinder meist recht langweilig sind, das Interesse, die draußen vorbeiziehende Landschaft zu betrachten, nach etwa fünf Minuten merklich nachlässt und spätestens nach einer Stunde der Bewegungsdrang zu genervtem Zappeln auf dem Sitz führt, haben die Kids auf dem Hausboot vollen Auslauf.
Das schätzen wohl auch andere Hausbootreisende besonders. Und so sind gerade in den Sommerferien auf fast allen Schiffen Kinder mit an Bord. Macht man dann gegen Abend an einem der Liegeplätze fest, kann man sich fast sicher sein, dass schon ein ganzes Rudel Spielkameraden da ist. Unsere Kinder brauchten jedenfalls selten länger als fünf Minuten, bis sie mit den anderen von dannen zogen.
Das ideale Reisealter
Die Anlegeplätze sind fast alle ruhig und ländlich gelegen, sodass man den Nachwuchs unbesorgt aus den Augen lassen kann. Einzig schwimmen sollten sie nach Möglichkeit schon können, denn meist entwickelte sich schnell eine wilde Jagd über die verschiedenen Boote. Generell finde ich die Fähigkeit, bei einem Sturz ins Wasser auch eigenmächtig wieder hochzukommen, bei einer Hausbootreise mit Kindern ungemein beruhigend. Und daraus ergibt sich aus meiner Sicht auch ein gewisses Mindestalter, das für diese Reiseform ideal ist. Dabei geht es nicht nur um die Schwimmfähigkeiten, sondern auch um eine gewisse Vernunft.
Je nachdem wie viele Erwachsene mit an Bord sind, bleiben bei Schleusen- und Anlegemanövern keine Hände für den Nachwuchs frei. Da ist es wichtig, dass die Kinder von sich aus ruhig an Bord sitzen bleiben und nicht etwa plötzlich auf der Reling balancieren oder sich kopfüber in die Schleuse stürzen. Unsere Kinder waren in der Hinsicht schon immer recht unkompliziert. Rückblickend würde ich daher sagen, dass sie ab einem Alter von circa vier Jahren gut hätten mitfahren können.
Ebenfalls recht individuell vom einzelnen Kind abhängig mögen die empfohlenen Fahrtzeiten sein. Wir hatten unsere Route so ausgelegt, dass wir jeden Tag fünf bis sechs Stunden auf dem Wasser waren. Natürlich nicht am Stück, sondern mit Unterbrechungen. Denn genau das macht ja den Reiz so einer Reise aus.
Überall entlang der Strecke finden sich Anlegestellen und die Möglichkeit, zu Fuß oder auf dem Fahrrad die umliegenden Orte zu erkunden, einen Kaffee trinken zu gehen oder ein Eis zu essen, einzukaufen oder Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Für die Kids passte das perfekt. Wurde es ihnen an Deck zu uninteressant, zogen sie sich mit Stiften und Papier oder Büchern und iPad in den Salon zurück. Den Satz „Mir ist langweilig“, habe ich jedenfalls auf der gesamten Reise nicht ein einziges Mal gehört.
Ein Abschied mit Wiedersehen
In Messac ist inzwischen die Zeit zum Abschied gekommen. Ein letztes Mal noch laufen die beiden bedrückt über das ganze Schiff, schauen wehmütig in jede Kabine. Und dann sage ich den Satz, der die Stimmung rettet: „Wollen wir das nächsten Sommer wieder machen?“ Ein lautes „Jaaaa“ ertönt aus dem Inneren des Boots und zwei strahlende Gesichter tauchen in der Luke zum Deck auf. Ich lächele erleichtert. Wohl auch ein bisschen, weil die Entscheidung damit feststeht. Andernfalls wäre ich jetzt ganz schön traurig gewesen.
Lesen Sie hier mehr von Claudia Böttcher und "Fernweh mit Kids"
Mehr zu Ihrem Familienurlaub auf dem Hausboot finden Sie hier