Mein erster Hausbooturlaub
Meine erste Hausboottour und dann für 5 Tage nach Frankreich - klingt traumhaft! Schon bevor wir überhaupt zuhause losfahren, bin ich leicht nervös; reicht mein Französisch überhaupt zum Überleben? Meine Französischkenntnisse, oder zumindest das, was aus Schulzeiten noch übrig ist, ist mit grundlegend noch recht schmeichelhaft umschrieben. Aber ich beschließe, dass das reichen muss und so machen wir uns auf den Weg ins Burgund: Nivernais & Loire, etwa 200 Kilometer südlich von Paris, mitten ins Herz von Frankreich.
Auf der Fahrt kommen mir immer mehr Fragen in den Kopf, an die ich vorher nicht wirklich gedacht habe: Was ist mit Strom an Bord? Brauche ich einen Adapter? Wie steuert man ein Boot richtig? Ich habe gelesen, dass das Boot ein Bugstrahlruder hat; davon hab ich mal gehört, aber was das genau macht? Keine Ahnung! Kann ich überhaupt schlafen, wenn das Boot die ganze Nacht schaukelt?
So viele Fragen ich auch vorher hatte, kaum dass ich unser Boot sehe, gibt es nur noch eine, an die ich vorher wirklich nicht gedacht habe: Warum ist die Reling, die um das Boot zur Seitentür führt, so schmal? Ich beschließe, mit meiner Reisetasche erst mal den Weg über das Deck zu nehmen und von oben in den Salon zu steigen, die Reling hebe ich mir für später auf.
Mein erster Eindruck vom Boot innen ist überrascht und positiv - ich hätte mir den Salon und die Küche kleiner vorgestellt von den Fotos, das Bad dafür etwas größer. Jetzt weiß ich, wofür der Begriff Nasszelle erfunden wurde. :-)
Aber ich fühle mich auf Anhieb wohl und beziehe meine Kabine im Heck unserer Magnifique - mein Zuhause für die nächsten Tage. Strom haben wir hier auch, weil wir im Hafen mit dem Landstrom verbunden sind. So können wir unsere elektronischen Geräte laden und erst mal eine warme Dusche nach der Anreise nehmen.
Schon kurz nach unserer Ankunft beantwortet sich eine meiner dringendsten Fragen von selber: Die Mitarbeiter an der Basis sprechen natürlich Englisch und nehmen sich ausgiebig Zeit, uns das Boot in allen Einzelheiten zu erklären. Nach den ganzen Erläuterungen brummt mir zwar ein wenig der Kopf, aber ich habe das Gefühl, das ich jetzt eher weiß, worauf ich mich bei meiner ersten Hausboottour eingelassen habe.
Meine fehlenden Französischkenntnisse sind übrigens auch unserer gesamten Tour kein Problem, die Verständigung klappt gut, mit Englisch, Händen und Füßen. Die Schleusenwärter schaffen es immer, uns noch Tipps zu geben, wie wir die Seile besser halten und um die Klampen (Haha, wieder was gelernt :-)) legen können, um Kraft zu sparen.
Kaum dass ich mit meiner ersten Erkundungstour im Boot fertig bin und den Kopf aus der Luke stecke, um mich im Hafen ein wenig umzuschauen, überrascht mich einer meiner Mitfahrer mit der Frage, ob ich ihm helfen könnte, die Fahrräder auf den Bug zu bringen. Natürlich, gar kein Problem, denke ich…bis mir klar wird, dass das nur außen herum um das Boot geht; auf der schmalen Reling entlang. Na toll, ich wollte eigentlich nicht der Erste sein, der schon im Hafen ins Wasser fällt. Trotzdem, versuchen muss ich es mal und zum Glück nimmt mir mein Mitfahrer das Fahrrad schon auf der Hälfte ab und trägt es nach vorne – Glück gehabt. Da sieht man auch den Unterschied zwischen einem Hausbootneuling und einem alten Hasen an Bord.
Sonntagmorgen wache ich nach einer erholsamen Nacht gestärkt auf, wegen mir kann es direkt losgehen. Geschaukelt hat in der Nacht gar nichts, eigentlich ja auch kein Wunder, das Hafenbecken ist ja auch nicht groß und es gibt keine Wellen. Hätte ich mir auch denken können.
Bevor wir an diesem Morgen ablegen können (besser gesagt: ablegen dürfen), machen wir erst noch eine Probefahrt mit einem Basismitarbeiter. Nachdem er den Bootsschlüssel mit den Worten: „So, jetzt brauche ich einen Kapitän“ auf den Tisch gelegt hat, gucken wir uns erst mal alle etwas nervös an. So richtig reißt sich keiner um den Job, als Erster das Boot eine Runde im Hafen zu steuern. Wer will sich schon blamieren?
Und dementsprechend zurückhaltend fahre ich dann auch kurz darauf aus dem Liegeplatz in den Hafen hinaus - möglichst wenig Gas geben, dann passiert auch nichts. Eigentlich richtig, aber ohne Gas kann man auch nicht gut lenken. Also drückt unser „Fahrlehrer“ den Gashebel mal kurz nach vorne, wir sind ja kein Speedboat, meint er. Und nachdem ich nach seiner Anweisung gewendet habe und wieder anlege, habe ich schon die Scheu vor dem Boot verloren und freue mich auf die Tour der nächsten Tage.
Vor der ersten Schleuse, in die ich selber fahre, bin ich dann trotzdem wieder ziemlich aufgeregt. An die Strömung denken, Gas wegnehmen, gerade lenken, wie breit ist das Boot und wie breit die Schleuse? Es klappt aber erstaunlich gut, vor allem, weil ich kurz vor dem Anlegen auch das Bugstrahlruder zur Hilfe nehmen kann (erfahrene Bootsfahrer grinsen jetzt wahrscheinlich über mich Anfänger, das geht schließlich auch ohne :-)). Als meine Crew die Seile um die Poller gelegt hat und uns festhält, bin ich trotzdem stolz und glücklich, die erste Hürde ist genommen.
Abends vor dem Landgang ist die Frage, wohin mit den Wertsachen, die wir nicht mitnehmen möchten? Kein Problem, ein Safe ist an Bord und so laufen wir ganz entspannt zur Stadtbesichtigung. Generell braucht man sich aber darüber keine großen Sorgen zu machen, normale Vorsicht reicht, wie überall, völlig aus. Mein Handy kann ich auch wieder mitnehmen, um kurz Zuhause mitzuteilen, dass ich den ersten Tag überlebt habe und das Steuern leichter ging als erwartet. Während der Fahrt hat der Motor die Batterien des Schiffes, und damit auch mein Handy, wieder aufgeladen. Auf dieselbe Weise haben wir am nächsten Abend, als wir zum ersten Mal nicht in einem Hafen anlegen, auch Warmwasser, nicht viel, aber genug für eine kurze Dusche.
In den nächsten Tagen wird das Steuern schon fast zur Routine und der Spaßfaktor ist riesig. Wir sind uns alle einig, dass der Außensteuerstand auf dem Sonnendeck das Steuern viel einfacher macht, weil man einfach eine bessere Übersicht über das Boot hat, auch wenn der Innensteuerstand bei Regen vielleicht verlockend ist.
Vor allem macht es draußen mehr Spaß, insbesondere mit der traumhaften Landschaft um uns herum. Und irgendwie gehört es auch dazu, finden wir. Die Route finden wir mit dem Gewässerführer ganz leicht, und vor Ort helfen uns Infotafeln an den Anlegestellen oder die netten Einheimischen immer gerne weiter.
Und auch die Reling hat ganz schnell ihre Abschreckung verloren und ich laufe darauf nach kurzer Zeit fast wie auf festem Boden, bald sogar ohne den Handlauf zu benutzen. Sonst hätte ich auch meinen absoluten Lieblingsplatz ganz vorne am Bug nie entdeckt, was ein Glück.
Als Fazit meiner ersten Hausboottour kann ich festhalten, dass man sich erst mal viel weniger Sorgen machen muss, als man es tut. Die Bedienung und Steuerung des Bootes ist wirklich einfach, die Mitarbeiter erklären alles sehr genau und es gibt eine Probefahrt. Man sollte nur nicht versuchen, vorab jedes Detail der Tour minutiös zu planen. Es klappt sowieso nicht alles wie vorhergesehen. Also lieber nicht zu viel planen und Spielraum für Unerwartetes und Neues lassen und die Zeit und die Umgebung genießen. Wenn man einem festen Zeitplan hinterherfährt, ist die Entspannung schnell weg.
Wer schon mal einen kleinen Einblick von der Region und den ersten Schritten auf dem Hausboot bekommen möchte, kann sich auch das folgende Video anschauen: Mit Le Boat auf dem Canal du Nivernais
Mehr zum Fahrgebiet Nivernais & Loire
In diesem Sinne, eine gute erste Hausbootfahrt!